“Verbunden werden auch die Schwachen mächtig.”
Friedrich Schiller
Vielleicht denken Sie jetzt, „schon wieder dieser abgegriffene Slogan „Zusammen stark“ … jeder verwendet Diesen und ich kann es bald nicht mehr hören …
Egal wie oft wir diesen Spruch auch lesen oder hören sollten, er wird immer Bestand haben, seine Berechtigung und es wird nur mit „ZUSAMMEN STARK d. h. sich in Stärken zu ergänzen“ funktionieren.
Aber was bedeutet es eigentlich zusammen stark zu sein?
Plötzlich fallen mir unzählige Begriffe dazu ein und die Dimension ist beeindruckend.
Zusammenkommen, sich engagieren, für einander da sein, zuhören, unterstützen, in Stärken zu ergänzen, durch Unterstützung Last von den Schultern anderer nehmen bzw. besser verteilen und damit Freiräume schaffen, sich gegenseitig stärken, gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern, forschen, gemeinsam gestalten, Veränderungen bewirken, Transparenz schaffen, informieren, motivieren, Hoffnung schaffen, Inspiration und investieren.
Natürlich hat jede Generation ihre Großen und Kleinen Herausforderungen und Sorgen zu Tragen, zu Schultern und zu Meistern und das ist aller Achtung wert.
„Tauchen“ Sie für ein paar Minuten mit mir in diese Welt ein …
Alles begann mit einer erhobenen Diagnose
Am 19. Februar 2014 erblickte der kleine Emil von Jennifer Bilbao und Holger Fischer das Licht der Welt. Überglückliche Eltern. Doch etwas stimmte da nicht, Emil musste gleich nach der Geburt auf die Intensivstation gebracht werden. Eine Muskelbiopsie brachte dann eine Diagnose „myotubuläre Myopathie (MTM)“ – eine sehr ernste und seltene Erkrankung.
Wie traurig und einsam sich Jennifer und Holger in diesem Moment gefühlt haben müssen, ist leicht nachvollziehbar. Sie wollten ihrem Emil ein lebenswertes und glückliches Leben schaffen, schon bald fanden sie Informationen über die Stiftung Myotubular Trust, entdeckten vielversprechende Forschungsergebnisse und Hoffnung keimte bei ihnen auf.
Beide sagten sich “Ein Traum, den man alleine träumt, ist nur ein Traum. Ein Traum, den man zusammen träumt, wird Wirklichkeit.” (Yoko Ono) und gründeten den Verein „ZNM – Zusammen Stark! e. V.“ um auch in Deutschland betroffene Familien zu vernetzen, ihnen Hoffnung auf eine Heilung ihrer Kinder zu geben und auch um Geld für die Forschung zu sammeln.
Jennifer und Holger besuchten an einem sonnigen Wochenende im Mai 2016 die Familienkonferenz über myotubuläre Myopathie und andere zentronukleären Myopathien in Frankfurt. 45 Familien aus 12 Ländern waren anwesend, 16 Forscher aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien, den USA und Kanada und auch der kleine Emil war dabei. Es waren auch für Emil wunderbare und sehr glückliche Stunden in Frankfurt.
Auf dem Rückweg von der Familienkonferenz verstarb Emil plötzlich. Er wurde nur 2 Jahre alt. In den Herzen seiner Eltern lebt Emil weiter. Sie sind sehr dankbar für die gemeinsame Zeit die sie mit ihren kleinen Emil verbringen durften.
Leben und nicht nur überleben
Neben all den vielen Schicksalen, hat mich die Geschichte von Jennifer und Holger mit ihrem kleinen Emil sehr berührt.
Ich war beeindruckt davon wie sie durch Emil die Kraft gefunden haben, sich mit allen Mitteln dafür einzusetzen, dass Emil ein schönes und erfülltes Leben haben konnte, indem er glücklich lebt und nicht nur überlebt. Trotz all der enormen Herausforderungen (Untersuchungen und Operationen) die Emil in seinem kurzen Leben hatte, so nahm er diese mit Gelassenheit und Tapferkeit hin. Emil konnte sich nicht nur über wunderbare Kleinigkeiten wie bunte Bilder, das Rascheln der Blätter an den Bäumen und das zarte Streicheln von Tieren erfreuen, Musik zauberte ihm ein Lächeln ins Gesicht, Mamas Haare und Papas Nase faszinierten ihn und er durfte auch Forscher in Straßburg besuchen, war in der Kita und hat dort wunderbare Freunde gefunden. Emil konnte mit Küsschen, mit Klatschen als Beifallsäußerung und mit Gebärdensprache kommunizieren und hat seinen Eltern gezeigt, die Welt oft aus einem ganz anderen „barrierefreien“ Blickwinkel zu betrachten und zu lieben.
Jennifer und Holger wurden mit viel Liebe und Herzblut zu Botschaftern für Ihre Vision und ihren „u topischen“ Traum, dass Menschen mit Emils Muskelerkrankung, der myotubulären Myopathie eines Tages doch laufen können.
Da diesen hoffentlich (in nicht allzu ferner Zukunft) zu verwirklichenden Traum auch schon andere Eltern in Großbritannien und den USA hatten und dort Initiativen gründeten um Gelder für die Forschung zu sammeln, vernetzten sich beide mit Ihnen. Denn warum sollte es solch eine wertvolle Initiative nicht auch in Deutschland geben?
Jetzt ging die Arbeit erst richtig los. Sie sammelt en viele Informationen über die seltene Erkrankung, Vieles war bisher nur auf Englisch verfügbar und bauten ihren Verein ZNM – Zusammen Stark! e. V. auf.
Sie wussten, gemeinsam können sie stark sein, sich engagieren und gemeinsam die Welt ein Stück weit lebenswerter machen und verändern. Sie taten es für ihren kleinen geliebten Emil.
Emils Eltern sind schon lange nicht mehr allein und haben vielseitige, engagierte und tatkräftige Unterstützung erhalten. Morice (2016) der Sohn von Mareen (stellv. Vorsitzende des Vereins) und Uwe wurde ebenfalls mit Myotubuläre Myopathie geboren. Auch Frank und Meike Schulte erhielten für Ihren kleinen Michel (nach nur 20 Monaten) die niederschmetternde Diagnose DNM2 zentronukleäre Myopathie. Bärbel, Carl-Philipp, Marian, Thomas, Johann, Nicol, sie alle und viele Andere engagierte Helfer, Familien und Forscher stehen im Verein ZNM – Zusammen Stark! e. V. zusammen und leisten gemeinsam wirklich Großartiges.
Viel (Frei)Zeit, inspirierende Ideen, beständige Hartnäckigkeit, gebündeltes Know-How, Networking, Aufbau von Kontakten und letztendlich auch Geld und Spenden wurde in diese gelebte Mission und Vision schon investiert und natürlich ist das Ziel noch längst nicht erreicht.
Es braucht großartige Menschen und beeindruckende Denkweisen, diese bündelt der Verein ZNM – Zusammen Stark! e. V.
Chapeau! Das ist großen Respekt und alle Achtung wert.
Im Juni 2023 wird ZNM – Zusammen Stark! e. V. seinen 8. Geburtstag feiern und mittlerweile vertritt der Verein schon Betroffene aus Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Belgien und der Schweiz. Hier hat der Ausspruch „Ich wünsche dir gute Gesundheit“ einen völlig neuen Stellenwert bekommen.
Ein sehr wichtiges Ziel des Vereins ist es auch durch Spendengelder die Forschung für mögliche Therapien zu fördern und das machte es uns leicht, uns für eine Familienmitgliedschaft genau in diesem Verein zu entscheiden und damit diesen Traum zu unterstützen.
Auch ich selbst habe i. R. meiner Symp tomatik und einer Ganzgenomsequenzierung die Diagnose einer seltenen genetisch bedingten neuromuskulären Erkrankung erhalten. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es solche wunderbaren Initiativen wie ZNM – Zusammen Stark! e. V. gibt, Jennifer und Holger Ihre Vision umgesetzt haben und wir nicht allein dastehen und zusammen stark sein können.
Wie sagte Ryunosuke Sa toro (japanischer Dichter und Schriftsteller) so schön „Jeder Einzelne ist ein Tropfen, gemeinsam sind wir ein Meer.“
https://www.znm-zusammenstark.org
Ein Beitrag verfasst von Birgit Bor toluzzi